„Magic Mike XXL“ – kurz MMXXL, verspricht der Sommerhit in den Kinos zu werden. Zumindest für das weibliche Publikum. Oder einen Teil davon, denn der klassische Frauenfilm ist das kurzweilige Stripper-Drama, das als Sequel zu Steven Soderberghs „Magic Mike“ abermals mit dem meist spärlich bekleideten Channing Tatum in die deutschen Kinos kommt, nun auch nicht. Aber, Frauenfilm ... was ist das eigentlich? „Sex and the City“, „Grüne Tomaten“, „We Need to Talk About Kevin“ oder Filme von Helke Sander? Das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund / Köln (IFFF) definiert sein Programm einerseits über Frauenthemen, andererseits über die Produktionsseite, das heißt: Es zeigt Filme von Frauen. Filme für Frauen benötigen kein Refugium wie das Frauenfilmfestival – es gibt viele „Frauenfilme“ und es gibt viele Kinogängerinnen, die sie sich ansehen. Anders sieht es da bei den Filmen von Frauen aus, denn hier herrscht im Gegenteil ein sehr großes Ungleichgewicht. Darauf hat eine im Herbst 2012 vorgelegte Studie aufmerksam gemacht. Beim Kinodokumentarfilm findet man noch 31 % weibliche Filmemacher, beim Kinospielfilm nur noch 22 % (nur 10% Regisseurinnen bei den großen Produktionen). Beim Fernsehen sieht es noch schlechter aus: In der Hauptsendezeit kommen nur noch 11 % der Serien und Spielfilme von Frauen. Dies ist umso fragwürdiger, da unter den Absolventen eines Regiestudiums an den Filmschulen 42 % Frauen sind.
Die Zahlen haben vor anderthalb Jahren zur Gründung des Vereins ProQuote Regie geführt. Der Verein setzt sich für eine paritätische Vergabe von Regieaufträgen ein. Mit der Frage nach den Hintergründen für die Schieflage im Regiefach hat sich vor einigen Wochen in Köln auch eine Diskussionsveranstaltung auseinandergesetzt. In der Aula der Kunsthochschule für Medien Köln diskutierten Kölner Filmemacherinnen, Produzentinnen, Redakteurinnen und weitere Akteurinnen aus der Filmszene über mögliche Ursachen dieser Fehlentwicklung. Konsens auf dem Podium war, dass eine Quote nicht auf Kosten der Qualität gehen dürfe. Doch erst einmal müsse es darum gehen, Frauen überhaupt zu ermutigen, sich auch tatsächlich in das Berufsfeld zu begeben, denn man könne ja erst paritätische Vergaben sinnvoll durchsetzen, wenn sich genügend Frauen in den Wettbewerb begeben würden. Viele würden leider schon früh vor der „freien Wildbahn“ und auch vor den Risiken der Innovation zurückschrecken. Ein weiteres Problem sah man darin, dass sich ein männlich dominiertes System reproduziere, auch wenn Frauen dort ihre Positionen hätten. Denn das System stärke nur diejenigen Frauen, die dort hinein passten. Aber „der andere Blick“ sei gerade beim gegenwärtigen Normierungswahn besonders wichtig.
International sieht die Situation übrigens nicht anders aus: Von den knapp vierzig Filmen, die im Juli in unsere Kinos kommen, sind lediglich zwei, also nur 5 Prozent, von Regisseurinnen. Die deutsche Coming-of-Age-Komödie „About a Girl“ war ebenfalls für den Juli angesetzt, wurde aber kurzfristig in den August geschoben. Doch auch die wurde geschrieben und inszeniert von Männern.
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