Horst H. Baumann, der 1934 in Aachen geboren wurde und 2019 in Düsseldorf gestorben ist, vereint mehrere künstlerische Talente. Man konnte mit ihm ebenso über seine Lichtkunst wie über seine Arbeit mit dem Laserstrahl sprechen: Beides war superwichtig und im Kunstgeschehen etabliert, und von seiner frühen Fotografie musste keine Rede sein. Wie konsequent aber alles zusammengehört, zeigt jetzt das MAKK, indem es sich der Fotografie widmet, die Ende der 1950er Jahre bis Mitte der 1960er Jahre entstanden ist.
Horst Baumann hat sich autodidaktisch vorgetastet. 1953 tritt er dem Düsseldorfer Foto-Club bei, dem auch Walter Vogel angehört. Mit seinen Aufnahmen geht er bald in die Vollen. Er arbeitet mit kühnen Ausschnitten, der Unschärfe hin zur Abstraktion und macht das Licht – also das „Innerste“ der Fotografie – zum Erlebnis und zur Basis seiner Arbeit. 1957 gibt er sein Studium der Hüttenkunde an der TU Aachen auf und heuert bei Zeitschriften an oder wird von diesen für Fotoreportagen und Bildstrecken engagiert, von „magnum“, „twen“ oder dem „Stern“. Seine fotografischen Bilder haben es in sich. Als Hochformat hält er die Wuppertaler Schwimmoper in s/w im Gegenlicht fest. Die Menschen auf den Sprungbrettern auf verschiedenen Höhen wirken wie Scherenschnitte und interagieren in der Fläche miteinander. Zugleich sind sie in ein Raster eingefügt, mit der Wasserfläche im Vordergrund und den Wohnhäusern hinter der Glasscheibe. Neben solchen spektakulären Fotografien stehen sensible Porträts von Ursula Andress oder Juliette Gréco, noch in Schwarz-Weiß. 1960 seien die ersten systematisch ausbelichteten Farbfotos entstanden, sagt Baumann in einem Interview, das im MAKK präsentiert wird.
Er gehört international mit zu den ersten, die in der (freien) Fotografie Farbe verwenden. Der experimentelle Impetus wird noch durch die Darstellungen getragen. So zeigt ein Hochformat eine Menschenmenge tief nach unten gerückt vor einem prismatisch auseinanderrückenden Geflecht aus hellblauen Flächen und lässt diese Architektur elegant und gegenstandsfrei erscheinen. Oder er arbeitet im doppelten Sinne mit Farbe und Licht, indem er farbige Leuchtschriften einer Straßenzeile staffelt und dazu in der Ferne den dämmerigen Himmel einfängt – vielleicht auch schon ein Vorgriff auf spätere Tätigkeiten: die Arbeit mit Grafikdesign und mit visueller Kommunikation.
So streng seine Bilder komponiert waren, so flüchtig konnten sie wirken. Als Abschluss im MAKK sind Fotos von Autorennen zu sehen, auch von den vorbeirasenden Rennwagen, von Jim Clark auf Lotus in Silverstone mit ausfasernden, präzisen Neonstreifen auf dem Fahrzeug oder Ricardo Rodriguez auf Ferrari auf dem Nürburgring, wobei das Auto in einem Nebel aus körnigem Licht und Farbe verschwindet. Mit solchen Bildern ist eigentlich klar, dass Baumann bei der Fotografie an ein Ende angelegt war und auch, was ihn künftig fesseln sollte. 1977 war er mit 7 km langen Laserstrahlen, die verschiedene Orte in Kassel verbanden, auf die documenta eingeladen. 1981 ging seine vertikale Lichtuhr am Rheinturm in Düsseldorf in Betrieb – aber das sind andere Talente für andere Ausstellungen.
Apropos Visionär. Der Fotograf Horst H. Baumann | bis 28.1. | Museum für Angewandte Kunst | 0221 22 12 38 60
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