Der Weg von der Geschichte zum Mythos ist kurz. In Hollywood wurde  diese Distanz ohnehin als fiktiv angesehen. So bediente man sich in  Zeiten des Monumentalfilm-Booms gerne der Erzählung über den jüdischen  Fürsten Judah Ben-Hur. Die Verfilmung von 1959 wurde zu einem  Meilenstein der Filmgeschichte, stellt mit 11 Oscars bis heute einen der  meist gekrönten Filme und machte Charlton Heston endgültig zum Garant  für volle Kinokassen.
Jetzt kommt das historische Epos um Liebe,  Verrat und Rache wieder zurück als mischförmiges Live-Spektakel aus  Schauspiel, Musik, Tanz und viel Action. Dabei steht es der ehemals  exorbitant teuren Filmproduktion in nichts nach. Das sechs Millionen  schwere und 15 Jahre lang gereifte Projekt von Franz Abraham umrahmt  eine tragische Handlung durch gigantische Inszenierungen mit insgesamt  400 Darstellern und 100 Tieren. Lew Wallaces Erzählung von 1880, auf die  sich auch William Wylers Film berief, bietet aber allerhand  Gelegenheiten, das persönliche Schicksal mit dem Spektakulären zu  verbinden. Zu Zeiten Jesus spielend schildert sie das Leben von Ben Hur,  der von seinem einstigen Freund und römischen Soldaten Massala zu  Unrecht verurteilt wird, da dieser ihn als Sinnbild des jüdischen  Widerstandes verbannen will, nachdem er sich weigerte, Aufständische zu  verraten. Drei Jahre muss er als Sklave auf römischen Galeeren  zubringen, bevor er bei einer Seeschlacht den General Quintus Arrius vor  den Piraten rettet, der ihn daraufhin adoptiert und von seinem  Sklavendasein befreit. In Rom angekommen trifft er bei einem Wagenrennen  auf Massala und will Rache nehmen für das an ihm und seiner Familie  verübte Unrecht. Dies ist zugleich das Highlight der Show, wenn die fünf  Quadrigen auf einer 2.500 m² großen, ovalen Spielfläche ein wenig vom  Circus Maximus in den Schalker Fußballtempel zaubern. Der Legende wird  dadurch aber kein Abbruch getan. Zurück in Jerusalem erblickt Ben Hur  einen Mann, der ihn einst vor dem Verdursten rettete, es ist Jesus. Von  diesem Schicksal ergriffen richtet er von da an sein Leben nach dessen  Lehren.
Aus dem Hybridspektakel wird wohl kaum Anreiz für  religiöse oder historische Debatten zu ziehen sein. Vielmehr steht bei  dieser Produktion mit Galeerenschlachten und Gladiatorenkämpfen das  Erlebnis als solches im Vordergrund, und das soll man auch hören. Daher  wurde mit Steve Copeland, dem ehemaligen Mitglied der Pop-Gruppe „The  Police“, eine bekannte Besetzung für die Musik gefunden. Den fehlenden  Hauch von Broadway bringt der Regisseur Philip McKinley mit, der 2003  mit Hugh Jackman und Liza Minelli das erfolgreiche Stück „The Boy from  OZ“ inszenierte. Als renntauglicher Veranstaltungsort hat sich die  Gelsenkirchener VeltinsArena bereits bei Stefan Raabs Stockcar Challenge  erwiesen. Ganz gleich aber, ob man für antike Heldengeschichten zu  begeistern ist oder nicht – wer das Brot hat, dem dürften diese Spiele  schmecken.
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