 
		Bereits Kajols Urgroßmutter war Schauspielerin. Der 1974 in  Mumbai geborene Bollywood-Star schreibt diese Tradition nun in vierter  Generation fort. Seit 1992 stand Kajol für rund 30 Filme vor der Kamera  und wurde mit allen wichtigen indischen Filmpreisen ausgezeichnet. Mit  dem auch international äußerst populären Star Shah Rukh Khan teilte sie  in rund einem Dutzend Filmen die Leinwand. Auch in „My Name is Khan“, in  dem Shah Rukh einen Autisten spielt, der in San Francisco unter den  Auswirkungen des 11. September zu leiden hat, steht Kajol wieder an  seiner Seite.
choices: Kajol, Sie drehen nicht  so viel wie einige ihrer Kolleginnen. Liegt das daran, dass Sie auch  familiäre Verpflichtungen haben?
Kajol Devgan: Ja, familiäre Verpflichtungen kommen auch dazu. Ich drehe schon eine  ganze Weile Filme, seit mittlerweile rund sechzehn, siebzehn Jahren –  ich weiß, so alt sehe ich noch gar nicht aus (lacht) – und ich habe mich  bewusst dazu entschieden, bei der Arbeit etwas kürzer zu treten und  nicht mehr jedes Angebot anzunehmen. Ich glaube, dass ich mittlerweile  auch eine Position erreicht habe, in der ich mir meine Projekte ganz  bewusst aussuchen kann. Meine wunderbare kleine Tochter Nysa, die jetzt  sechseinhalb Jahre alt ist, ist meine Liebe und mein Leben. Ich wollte  Zeit mit ihr verbringen und erleben, wie sie aufwächst.
Shah Rukh Khan und Sie sind das Traumteam Bollywoods. Wie ist es, mit ihm zusammenzuarbeiten?
Wenn  wir wirklich das Traumteam Bollywoods sind, dann nur, weil wir einige  der besten Liebesfilme des Landes zusammen gedreht haben. Aber mehr als  alles andere genieße ich es einfach, mit Shah Rukh zusammenzuarbeiten.  Das war schon immer so! Er ist schon seit vielen, vielen Jahren ein  guter Freund von mir, seit wir 1993 in unserem ersten gemeinsamen Film  „Baazigar“ vor der Kamera gestanden haben. Im Laufe der Jahre sind wir  beide sowohl als Menschen als auch als Schauspieler gewachsen. Wenn ich  nun mit ihm zusammenarbeite, läuft alles noch viel einfacher und  unkomplizierter ab. Aufgrund des gegenseitigen Respekts, den wir  einander entgegenbringen, ergibt sich eine fantastische Arbeitsgrundlage  für uns.
„My Name is Khan“ hat wie viele andere aktuelle  Bollywoodfilme Elemente des westlichen Kinos, die seine Absatzchancen  dort erhöhen dürften. Wie wichtig sind diese Cross-Over-Strategien Ihrer  Meinung nach den indischen Filmemachern?
Wir wollen einfach  nur gute Filme machen. Selbst die als Cross-Over-Filme bezeichneten  Werke sind zunächst einmal einfach nur gute Filme. „Khan“ sollte ein  unterhaltsamer Film werden, ein kommerzieller Film, in erster Linie aber  ein guter Film. Er sollte etwas aussagen, eine Reihe bestimmter  sozialer Fragestellungen ansprechen. Sowohl Shah Rukh Khan als auch ich  glauben, dass man, wenn man etwas zu sagen hat, dies auf eine  unterhaltsame Art tun sollte, damit die Zuschauer gewillt sind, sich in  ein Kino zu setzen und einem zuzuhören.
Welche ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Aussage dieses Films?
Am  wichtigsten finde ich die Aussage, dass einem kein Hindernis zu groß  ist, wenn man wirklich etwas bewegen möchte. Man muss einfach etwas  Gutes tun, damit Gutes zu einem zurückkommt. Das mag jetzt vielleicht  ein wenig seltsam klingen, aber im Laufe unseres Lebens, wenn wir  aufwachsen, verlieren wir den Glauben an das Gute im anderen, in den  Leuten um uns herum. Man erwartet meist das Schlimmste, weil uns das das  Leben gelehrt hat. Das Wichtigste, was ich deswegen aus dem Film  mitgenommen habe, ist der Glaube, dass ich wieder das Gute in einem mir  unbekannten Menschen sehen kann, wenn ich ihm begegne.
Glauben Sie, dass das heutige Publikum ernstere Filme bevorzugt?
Auch  dieser Film ist in erster Linie ein Unterhaltungsfilm. Ich glaube, dass  die Leute ins Kino gehen, um sich zu amüsieren. Sie möchten ihr Leben  für anderthalb oder zweieinhalb Stunden vergessen und in das Leben von  jemand anderem eintauchen. Dafür muss man einen guten Film drehen. Unser  heutiges Publikum ist erwachsener geworden. Vielleicht, weil die  Wirtschaft in Indien große Fortschritte macht, vielleicht aber auch aus  anderen Gründen. Heute sind wir in Indien einem viel breiteren  kulturellen Angebot ausgesetzt. Ein Film wie „2012“ ist überall ein  Riesenerfolg, jeder versteht seine Aussage. Wahrscheinlich hätte den  Film vor zehn oder fünfzehn Jahren in Indien niemand verstanden. Aber  heutzutage konnte er auch bei uns genauso viel Geld einspielen wie jeder  große Bollywood-Kassenschlager. Das allein zeigt uns schon, wie sehr  sich das Publikum verändert hat. Man muss also mit der Zeit gehen, auch,  wenn man einen Bollywood-Film dreht.
Es ist doch eher  ungewöhnlich, dass in einem indischen Film der Konflikt zwischen Hindus  und Moslems thematisiert wird. Stimmen Sie mir zu?
Wir  hatten ein paar Filme, in denen es thematisiert wurde, aber es ist  dennoch eher ungewöhnlich. Was „My Name is Khan“ betrifft, bin ich der  Meinung, dass das Thema auf eine sehr sensible Weise angegangen wurde.  Man versuchte nicht, die Thematik aufzuputschen oder  überzudramatisieren, aber man hat es auch nicht heruntergespielt. Man  ist auf sehr feinfühlige Weise damit umgegangen, wie es dem Thema  angemessen ist. Ich hätte in dem Film wahrscheinlich nicht mitgespielt,  wenn er von jemand anderem inszeniert worden wäre, denn es benötigt eine  taktvolle Herangehensweise, wenn man gleichzeitig so viele verschiedene  Problemstellungen aufgreifen möchte.
Sie sind in Indien unglaublich populär – wie sieht da Ihr Privatleben aus?
In  Mumbai ist das gar nicht so schlimm. Dort ist man ein bisschen immun  gegenüber Stars, wahrscheinlich, weil dort so viele leben. Es gibt  natürlich Stadtviertel, in die man nicht gehen kann, aber dort, wo wir  leben, ist alles etwas ruhiger. Ich kann dort ganz normal mit meiner  kleinen Tochter spazieren, ins Kino oder Einkaufen gehen. Es ist mir  auch sehr wichtig, mit ihr ein Leben zu leben, das so normal wie  irgendwie möglich ist.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
 Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich)  unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
„Zufriedenheit ist eine innere Einstellungssache“
Stefan Gorski über „Ein ganzes Leben“ – Roter Teppich 11/23
„Diese Geschichte ist eine Warnung an das Heute“
Mala Emde über „Die Mittagsfrau“ – Roter Teppich 10/23
„Ich fühle mich oft als Außenseiter“
Exklusiv: Teo Yoo über „Past Lives – In einem anderen Leben“ – Roter Teppich 08/23
„Das Leben ist im Doppel einfacher zu meistern“
Burghart Klaußner über „Die Unschärferelation der Liebe“ – Roter Teppich 07/23
„Petzold hat einen Reichtum an Anekdoten“
Enno Trebs über „Roter Himmel“ – Roter Teppich 04/23
„Emotionen kochen hoch und Leute entblößen sich“
Lavinia Wilson über „Der Pfau“ – Roter Teppich 03/23
„Einen Körpertausch würde ich nicht gerne machen“
Jonas Dassler über „Aus meiner Haut“ – Roter Teppich 02/23
„Ich brauche die Institution der Ehe nicht“
Iris Berben über „Der Nachname“ – Roter Teppich 10/22
„Heimat sind für mich meine Familien“
Charly Hübner über „Mittagsstunde“ – Roter Teppich 09/22
„Das ist ein Film für die ganze Familie“
Dimitrij Schaad über „Die Känguru-Verschwörung“ – Roter Teppich 08/22
„Ich brauche meine Ordnung und meine Strukturen“
Daniel Sträßer über „Alles in bester Ordnung“ – Roter Teppich 06/22
„Der Stoff ist genau an den Richtigen geraten“
Albrecht Schuch über „Lieber Thomas“ – Roter Teppich 11/21
„Der Klimawandel macht mir Angst“
Luna Wedler über „Je suis Karl“ – Roter Teppich 09/21
„Sprache ist größte Barriere und größte Brücke“
Jonas Nay über „Persischstunden“ – Roter Teppich 10/20
„Das ist keine 08/15-Liebesgeschichte“
Paula Beer über „Undine“ – Roter Teppich 03/20
„Bei Terrence Malick hat man viel mehr Zeit“
Valerie Pachner über „Ein verborgenes Leben“ – Roter Teppich 02/20
„Er lässt sich einfach nichts sagen“
Jan Bülow über „Lindenberg! Mach dein Ding“ – Roter Teppich 01/20
„Alle unsere Handlungen haben miteinander zu tun“
Julius Feldmeier über „Mein Ende. Dein Anfang.“ – Roter Teppich 12/19
„Das sind wirklich gefährliche Leute“
Jamie Bell über „Skin“ – Roter Teppich 10/19
„Es gibt ein großes Interesse an Filmmusik“
Komponistin Franziska Henke über „Endzeit“ – Roter Teppich 08/19
„Sex-Tourismus ist ein interessantes Phänomen“
Anne Ratte-Polle über „Es gilt das gesprochene Wort“ – Roter Teppich 08/19