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Code der Angst

Code der Angst
Deutschland 2023, Laufzeit: 84 Min., FSK 12
Regie: Appolain Siewe

Bewegend-schockierende Dokumentation

Das Übel der Kirche
„Code der Angst”
von Appolain Siewe

Schon in den ersten Minuten seines Films macht der aus Kamerun stammende und seit 1997 in Deutschland lebende Filmemacher Appolain Siewe klar, dass er selbst nicht homosexuell ist und sich dennoch mit der Situation gleichgeschlechtlich Liebender in seinem Land auseinandersetzen möchte. Eine solche Erklärung ist filmisch natürlich entbehrlich, in Siewes persönlicher Situation aber durchaus nachvollziehbar. Denn im Laufe von „Code der Angst“ macht er deutlich, dass allein seine Beschäftigung mit dem Thema in seiner kamerunischen Heimat auf dermaßen viel Ablehnung stößt, dass ihn selbst sein Vater nicht mehr wiedersehen möchte. Wie kann es sein, dass eine Nation kollektiv dermaßen homophob eingestellt ist, dass es vom Staat nicht verfolgt wird, wenn Menschen Homosexuelle auf die widerwärtigsten Weisen foltern und töten? Appolain Siewe hat sich diese Frage gestellt, nachdem er im Internet auf einen Artikel aufmerksam geworden war, der vom gewaltsamen Tod eines homosexuellen Aktivsten in Kamerun berichtete. Siewe lebt in Berlin und fühlt sich dort als Dunkelhäutiger diskriminiert und ausgegrenzt, weswegen er die Lage Homosexueller sehr gut nachvollziehen kann, obwohl diese in Deutschland mittlerweile einigermaßen unbehelligt leben können.

In Kamerun hingegen sind homosexuelle Handlungen eine Straftat, die mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden können. Appolain Siewe hat in seinem Heimatland mit den AktivistInnen Lambert Marc Lamba und Berthe Awo Ngoume gesprochen, hat Interviews geführt mit den Menschenrechtlerinnen Alice Nkom und Saskia Ditisheim. Darüber hinaus hat er mit den religiösen Würdenträgern Claude Aloé und Jean-Blaise Kenmogne über die Situation diskutiert, bei der die beiden sehr gegensätzliche Ansichten vertreten. Eigentlich sollte es ihnen um Toleranz und Nächstenliebe gehen, aber Aloé stützt sich auf die „auf Heterosexualität aufgebauten kulturellen Werte Kameruns“, die Homosexualität nicht zulassen. Wie es zu dieser Situation kommen konnte, erläutert Basile Ndjio sehr anschaulich, ein Professor für Anthropologie an der kamerunischen Universität von Douala. Erst im 19. Jahrhundert, als das Land deutsche Kolonie wurde und ihm die christliche Religion aufgezwungen wurde, gerieten homosexuelle Praktiken, die bis dato nichts Verwerfliches für die Kameruner hatten, sondern sogar geschätzt wurden, in Verruf. Es ist, wie in vielen afrikanischen Ländern, der Fluch der europäischen Kolonisation, der diese Randgruppe zum allgemein anerkannten Feindbild gemacht hat. Während sich die Situation in Europa im Laufe der Jahrzehnte liberalisiert hat, haben traditionellen Konventionen verhaftete christliche Prediger in Afrika noch immer die Macht, die Massen in ihrem Denken zu leiten. Appolain Siewe ist es mit „Code der Angst“ sehr anschaulich gelungen, die Hintergründe zu beleuchten und auch einen kleinen Einblick in die standhafte queere Community eines Landes zu gewähren, in dem ihnen für ihre Lebensweise der Tod droht.

(Frank Brenner)

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