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Tanz der Titanen

Tanz der Titanen
Kanada, Deutschland 2024, Laufzeit: 103 Min., FSK 16
Regie: Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson
Darsteller: Cate Blanchett, Charles Cance, Denis Ménochet, Alicia Vikander
>> tanz-der-titanen.de

Schräge Politposse

Satiregipfel
„Tanz der Titanen“
von Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson

Hilda Ortmann (Cate Blanchett) lädt ein zum G7-Gipfel ins umwaldete Chateau in Dankerode. Die Regierungschefs aus Frankreich, Italien und Großbritannien, aus den USA, Japan und Kanada finden sich zum Stelldichein bei Rotwein unterm Pavillon. Kleine Überraschung: Die Präsentation einer Moorleiche, um die herum sogleich mit Spaten in der Hand fotogen posiert wird. Dann aber weiter zur Tagesordnung: Es soll um Reue gehen. In der Folge: Klartext, aber unverfänglich. Politik halt. Drumherum aber geschieht Merkwürdiges: Das Personal verschwindet, und bedrohliche Gestalten schleichen durchs Geäst. Die Politik verstrickt sich derweil in Amouren, Sex und Depression. Dann: Alicia Vikander. Enya. Riesenhirn.

Der Kanadier Guy Maddin, seines Zeichens Experimentalfilmer und der Ästhetik des Stummfilms verhaftet, hat gemeinsam mit Co-Regisseur Evan Johnson Genreperlen wie „The Forbidden Room“ verzapft und Hitchcocks „Vertigo“ neu „interpretiert“ („Der gründe Nebel“). Für „Tanz der Titanen“ (im Original: „Rumours“ - Gerüchte) haben sie ihren kreativen Weggefährten Galen Johnson mit im Boot und geben sich dabei weniger phantastisch als gewohnt, aber längst nicht geerdet. Beziehungsweise: geerdeter als sonst, aber immer noch recht phantastisch. Stummfilme machen derzeit andere („Hundreds of Beavers“) – Maddin widmet sich hier vielmehr der politischen Satire. Also, selbstverständlich unter Vorbehalt.

Der Einstieg in dieses kleine Werk gleicht noch konventionellem, gehobenem Mainstream, wenn die Kanzlerin floskelt, der kanadische Kollege (Roy Dupuis) in Neurosen verfällt und der US-Präsident (Charles Dance) zu Pathos neigt, um im nächsten Moment bidenesk in den Schlaf zu sinken. Trefflich. Eingängig. Die Zeichnung der Volksvertreter:innen erinnert dabei an die Karikaturen aus der Fernsehserie „Parlament“. Wobei: Hier spielt der Cast weniger over the top. Hier hat man doch das Gefühl, man hat es mit echten Menschen zu tun. Over the top ist hier dann vielmehr der Einsatz von Musik (Christian Eidnes Andersen – Jungjunge!). Und begleitet von derlei Score-Pose weicht der Witz dann bald auch konsequent dem Irrwitz. Und spätestens jetzt (und nicht zum letzten Mal) mag man sich fragen: Was soll das?

Der französische Premier (Denis Ménochet) verweist irgendwann darauf, dass das hier doch alles bloß Allegorien seien und jeder der Anwesenden ein Symbol seiner Nation ist. Die Figur erklärt hier das Wesen der Satire. Was so manches Symbol symbolisiert, erklärt uns indes niemand. In seinem Mittelteil also verheddert sich der Spaß, verliert den Rhythmus, wird, um es positiv auszudrücken: ungewöhnlich, anspruchsvoll. Um schließlich am Ende zu einer großartigen finalen Phrase auszuholen. Also: sitzen bleiben!

Alicia Vikander taucht irgendwann im Wald auf als Celestine Sproul, die Präsidentin der Europäischen Kommission. Sie spricht zu den Versammelten auf Schwedisch, und keiner versteht sie. „Tanz der Titanen“ ist ein bisschen so, wie Celestine Sproul: Der Film spricht zu uns, aber wir verstehen ihn nicht. Freilich mitnichten in seiner Gänze, jede und jeder von uns versteht ja auch ein Stück Schwedisch. Auch wenn man hier also mitunter verloren gehen mag, bleibt der Film ein lohnendes Wechselbad. Und eines ist er allemal: erfrischend.

(Hartmut Ernst)

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