 
		In „Chéri“, dem neuen Film von Stephen Frears, spielt er den  jungen Liebhaber von Michelle Pfeiffer. Damit könnte dem 1981 geborenen  Engländer Rupert Friend der Durchbruch gelingen. Der Lebensgefährte von  Keira Knightley („Fluch der Karibik“) hatte zuletzt in „Der Junge im  gestreiften Pyjama“ und „Die letzte Legion“ vor der Kamera gestanden.
choices:  Herr Friend, was haben Sie gedacht, als Sie nicht nur das Angebot  erhielten, mit Stephen Frears zu filmen, sondern gleichzeitig auch mit  Michelle Pfeiffer?
Rupert Friend: In dem  Moment erkennt man, dass man auf einem neuen Level angekommen ist, weil  man für einen solch begnadeten Regisseur arbeitet, den man schon sein  ganzes Leben lang bewundert hat, und gleichzeitig mit einer der  Leinwandlegenden unserer Zeit! Das ist beängstigend.
Es  ist schon schwer genug, sich vor der Kamera emotional zu entblößen. Wenn  man es wie Sie in „Chéri“ dann auch körperlich tun muss, gibt es da  einen Trick, die ganzen Menschen um einen herum zu vergessen?
Ja,  das stimmt schon, man hat dabei eine ganze Filmcrew mit sich im Bett.  Eine der Liebesszenen wurde mit einer Makrolinse gedreht, mit einer  riesigen und sehr lauten Kamera. Der liebenswerte Chefkameramann Darius  Khondji saß dabei zusammen mit Michelle und mir auf dem Bett, und eine  Menge großer schwitzender Jungs um uns herum hielten Kabel, Lichter und  so. Das ist eine nicht gerade sehr erotische Erfahrung. Aber als mein  Vater und Leute seiner Generation davon erfuhren, dass ich eine  Bettszene mit Michelle Pfeiffer drehte, waren sie alle sehr eifersüchtig  und verärgert, weil ich ihnen die Liebe ihres Lebens stahl.
Und die Chemie zwischen Ihnen beiden scheint offensichtlich gestimmt zu haben…
Ja,  da hatten wir Glück. Aber wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte  man eben etwas erschaffen müssen, das nicht real ist, das ist ja Teil  des Berufs Schauspieler. Eine ganze Menge davon ist ja nur Illusion und  Schein.
Wollten Sie immer schon Schauspieler werden?
Nein,  mein erster Berufswunsch war Bäcker. Als kleiner Junge liebte ich  Kuchen, und man sagte mir, dass ein Bäcker so viel er wollte davon essen  könnte. Dann wollte ich, wie fast jeder kleine Junge, Forscher und  Entdecker werden. Und das ist ja nun tatsächlich ein Teil meines  Berufes. Ich bin sehr neugierig und liebe es, Neues zu entdecken oder  auch zu reisen und neue Leute kennenzulernen.
Gibt es in Ihrer Familie andere mit dem Hang zum Schauspiel?
Nein,  meine Schwester ist Fotografin, mein Vater lehrt Kunstgeschichte und  meine Mutter ist Anwältin. Wir hatten zu Hause noch nicht einmal einen  Videorekorder, und in dem Dorf, in dem ich aufwuchs, gab es kein Kino.  Ich musste später dann sehr schnell lernen, wie Filme gedreht werden.  Bis vor fünf Jahren wusste ich noch nicht so recht, was ein Filmschnitt  überhaupt ist. Dass Filme nicht an einem Stück gedreht werden von  jemandem, der dem Geschehen mit der Kamera folgt, wusste ich bis dahin  nicht. „Indiana Jones“ war einer meiner Lieblingsfilme, und ich dachte  lange Zeit, dass einfach jemand das Glück gehabt hatte, im richtigen  Moment bei dessen Abenteuern mit der Kamera dabei gewesen zu sein.
Kann man als Schauspieler besser etwas über sich selbst herausfinden?
Nein,  es ist eher ein guter Weg, vor sich selbst davonzulaufen. Ich glaube  nicht, dass man sich selbst beim Schauspielen entdeckt. Für einige geht  es beim Schauspielen darum, Elemente der eigenen Persönlichkeit ans  Licht zu bringen, aber gerade bei einer Rolle wie der des Nazileutnants  im „Jungen im gestreiften Pyjama“ will ich doch stark hoffen, dass  nichts von ihm in mir steckt. Es geht meiner Meinung nach also viel mehr  darum, jemanden zu entdecken, der von einem selbst gänzlich verschieden  ist.
Sie haben schon in einer ganzen Reihe historischer Dramen gespielt, haben Sie dafür ein besonderes Faible?
Die  erstrecken sich ja von der Belle Epoque bis zur NS-Zeit, sind also  durchweg sehr unterschiedlich. Ich denke, dass der Grund dafür darin  liegt, dass es viel mehr Geschichte als Gegenwart gibt. Denn die  Gegenwart ist ja so schnell vorbei. Die Vergangenheit, die wir haben,  ist gigantisch, und die Gegenwart existiert nicht.
Würden Sie sich manchmal für Ihr Privatleben etwas weniger Aufmerksamkeit wünschen?
Es  ist sicherlich seltsam, überallhin von Fotografen verfolgt zu werden…  Es ist gar nicht so schlimm, wie es in der Presse vielleicht erscheinen  mag. Das ist kein Dauerzustand. Wenn man gerade im Fokus steht, versucht  man, ruhig zu bleiben und ganz normal mit seinem Leben weiterzumachen.  Es ist nur natürlich, dass Prominente permanent im Zentrum des  Interesses stehen. Ich verurteile nur manchmal die Art, mit der die  Paparazzi an ihre Bilder kommen. Das liegt unterhalb eines Moralcodes,  den ich selbst habe.
Suchen Sie bei Ihrer Rollenauswahl  den Rat von Freunden oder Familie oder von Ihrer Partnerin Keira  Knightley, die ja auch Schauspielerin ist?
Ich glaube, dass  man sich am Ende nur auf seinen eigenen Instinkt verlassen kann. Wenn  man den Ratschlag von zu vielen Menschen annimmt, kann das schließlich  zu sich widersprechenden Ratschlägen führen.
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