„Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau“. Auch auf Marcel Proust trifft das zu. Der hypersensible Literat – bekannt vor allem durch seine sieben Bände von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ – konnte sich von 1914 bis zu seinem Tod im Jahr 1922 auf seine Haushälterin Céleste Albaret verlassen. Bildungsfern aufgewachsen, nimmt sie in ihrer fürsorglichen Art ab 1914 schnell eine wichtige Stellung in Prousts Leben ein. Sie wird bald eine Art Sekretärin, die sich auch um seine literarischen Belange kümmert und die sogenannten „Paperolles“ für seine umfänglichen Korrekturen erfindet. Die französische Zeichnerin Chloé Cruchaudet erzählt im ersten von drei geplanten Teilen der Reihe „Celeste – Gewiss, Monsieur Proust“ von der zarten Annäherung der beiden Menschen mit so unterschiedlicher Herkunft. Eine fantasievolle Bebilderung mit zarter Aquarell-Kolorierung macht das Lesen zu einem noch größeren Vergnügen, auch wenn man kein:e Proust Expert:in ist (Insel Verlag).
Ebenfalls in das Paris des frühen 20. Jahrhunderts entführen uns die Autorin Valentina Grande und die Zeichnerin Eva Rossetti mit „Gertrude Stein und ihr Salon der Künste“. Mittels eines verhinderten Schriftstellers, der sich im Alter an Stein, die sie umgebenden Künstler wie Hemingway, Scott Fitzgerald, Ezra Pound, Matisse oder Picasso und seine eigene drittklassige Rolle bei ihren Salons erinnert, tauchen wir ein in das Bohème-Ambiente der Pariser Wohnung der Schriftstellerin, Verlegerin, Sammlerin und Mäzenin. Als recht dünner Einzelband ist die Zeitreise eher bruchstückhaft angelegt. Durch schöne visuelle Ideen und einen modernen Blick auf Steins damals sehr emanzipierte Rolle – auch in Bezug auf ihre fast vierzigjährige Liebesbeziehung mit Alice B. Toklas, ihrer Sekretärin und Köchin – machen die kurze Lektüre aber durchaus zum Genuss (Knesebeck). Auch Lauraine Meyer beschäftigt sich mit progressiven Frauen – allerdings abstrakt im Allgemeinen. Ihr Band „Feminists in Progress“ ist nicht erzählerisch, sondern ein wie der Untertitel sagt „Comic Guide für Empowerment, Body Positivity und Vielfalt“. Eher additiv und oft anekdotenhaft mittels fiktiver Dialoge werden die unterschiedlichsten Aspekte der feministischen Ansätze beleuchtet und die damit verbundenen alltäglichen Szenerien (Carlsen).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bildungsroman in Bildern
Teenage Angst, Culture-Clash und die Klassenfrage – ComicKultur 05/20
Neurosen und Psychosen
Künstler und Kriminelle mit Dachschaden – ComicKultur 09/17
Freundliches Grauen
Komische Kindheit, spießiges Strandleben und nette Skelette – ComicKultur 08/16
Salonfähige Comics
Hierzulande ist der Comic keine Männerdomäne – ComicKultur 07/16
Autoren-Action
Fiktive und dokumentarische Spannung jenseits von Superhelden – ComicKultur 05/15
Von Kant bis in die Unterwelt
Zarte und harte Comicgeschichten – ComicKultur 05/24
Kindheit zwischen Buchseiten
„Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ von Sara O’Leary und Briony May Smith – Vorlesung 05/24
Grenzen überwinden
„Frieda, Nikki und die Grenzkuh“ von Uticha Marmon – Vorlesung 04/24
Vom Arbeiterkind zum Autor
Martin Becker liest im Literaturhaus aus „Die Arbeiter“ – Lesung 04/24
Erwachsen werden
„Paare: Eine Liebesgeschichte“ von Maggie Millner – Textwelten 04/24
Female (Comic-)Future
Comics mit widerspenstigen Frauenfiguren – ComicKultur 04/24
Wortspielspaß und Sprachsensibilität
Rebecca Guggers und Simon Röthlisbergers „Der Wortschatz“ – Vorlesung 03/24
Lebensfreunde wiederfinden
„Ich mach dich froh!“ von Corrinne Averiss und Isabelle Follath – Vorlesung 03/24
Spurensuche
Comics zwischen Wirklichkeit, Fantasie und Spektakel – ComicKultur 03/24
Das alles ist uns ganz nah
„Spur und Abweg“ von Kurt Tallert – Textwelten 03/24
Wut ist gut
„Warum ich Feministin bin“ von Chimamanda Ngozi Adichie – Vorlesung 03/24
Unschuldig bis zum Beweis der Schuld
„Der war’s“ von Juli Zeh und Elisa Hoven – Vorlesung 02/24
Das Drama der Frau um die 50
„So wie du mich willst“ von Camille Laurens – Textwelten 02/24
Sprachen der Liebe
„So sagt man: Ich liebe dich“ von Marilyn Singer und Alette Straathof – Vorlesung 02/24
Umgang mit Krebserkrankungen
„Wie ist das mit dem Krebs?“ von Sarah Herlofsen und Dagmar Geisler – Vorlesung 01/24
Schlummern unterm Schnee
Alex Morss’ und Sean Taylors „Winterschlaf – Vom Überwintern der Tiere“ – Vorlesung 01/24
Am Küchentisch
„Kleiner Vogel Glück“ von Martin Mandler – Textwelten 01/24
Held:innen ohne Superkraft
Comics gegen Diktatur und Ungerechtigkeit – ComicKultur 01/24
Tod und Venedig
Daniel Schreiber liest im MAKK aus „Die Zeit der Verluste“ – Lesung 12/23
Federknäuel im Tannenbaum
„Warum Weihnachtswunder manchmal ganz klein sind“ von Erhard Dietl – Vorlesung 12/23