Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28

12.611 Beiträge zu
3.833 Filmen im Forum

Christoph Maria Herbst, Sesede Terziyan und Nicolas Randel im Cinedom
Foto: Frank Brenner

Eine sympathische Bruderkomödie

16. September 2025

„Ganzer halber Bruder“ im Cinedom – Foyer 09/25

Montag, 15. September: Große Teile von Hanno Olderdissens („Lassie – Ein neues Abenteuer“) neuem Kinofilm „Ganzer halber Bruder“ entstanden in Köln, weswegen es naheliegend war, dass auch die Premiere des Films in der Domstadt abgehalten wurde. Der rote Teppich wurde hierfür am Cinedom im Mediapark ausgerollt, wo sich mehr als 30 Cast- und Crewmitglieder der sympathischen „Bruderkomödie“, wie sie Produzent Boris Schönfelder bezeichnet, ein Stelldichein gaben. Moderiert wurde der Abend von Dominik Porschen, der schon vor der Projektion anmerkte, dass er bei „diesem wunderbaren Film viel gelacht“ habe, aber auch „einige Taschentücher“ brauchte. Erzählt wird in „Ganzer halber Bruder“ die Geschichte des verurteilten Immobiliengangsters Thomas (Christoph Maria Herbst), der nach seiner Haftentlassung unverhofft in den Besitz eines zwei Millionen Euro teuren Hauses kommt, in dem aber sein Halbbruder mit Down-Syndrom, Roland (Nicolas Randel), ein lebenslanges Wohnrecht genießt. Da ihm das bislang unbekannte Familienmitglied herzlich egal ist, kennt Thomas keine Skrupel, Roland aus dem Haus zu vertreiben, um damit doch noch ein gutes Geschäft machen zu können. Im Choices-Interview am Roten Teppich zeigte sich „Stromberg“-Star Christoph Maria Herbst überrascht, dass die Castingleute genau ihn in dieser Rolle gesehen hätten. „Bei einem solch windigen Typen, der Kette raucht, Vollwaise ist und bei der ersten Szene aus dem Knast kommt, da hatte ich mich nicht als ersten auf dem Schirm. Aber ich bin total froh, Teil dieses Projektes zu sein. Es war schon eine Herausforderung mit Nico Randel zu arbeiten, der ein sehr spezieller Typ ist, ein sehr spezieller Mensch und ein sehr spezieller Schauspieler, deswegen waren auch die Dreharbeiten sehr speziell“, so Herbst.  


Boris Schönfelder, Hanno Olderdissen, Clemente Fernandez-Gil und Christina Bentlage, Foto: Frank Brenner

Hemmungslosigkeit und fehlende Schranken

Nico Randel, der hier seine erste große Rolle verkörpert und jede Szene, in der er auftritt, dominiert und an sich reißt, hätte sicherlich so manchen gestandenen Schauspieler einschüchtern können. Herbst indes fühlte sich durch die Zusammenarbeit eher beflügelt, zumal er Randel nicht, wie zunächst vermutet, aufgrund von dessen Unerfahrenheit und Behinderung viel helfen musste. „Durch seine Hemmungslosigkeit, die fehlenden Schranken und das Impulsgesteuerte hat er immer mit ganz warmem Herzen drauflosgespielt, was einfach toll ist“, sagte Christoph Maria Herbst. Obwohl der Star selbst in der Figur des Thomas wenig Parallelen zu seinen anderen Rollen ausmachen konnte, passt sie doch gut in sein Œuvre an eher unsympathischen und arroganten Widerlingen. Was Herbst an diesem Rollentypus reizt, verriet er ebenfalls noch am Roten Teppich: „Dass Figuren im Laufe eines Films eine Entwicklung durchmachen, mag ich schon sehr. Und dazu muss man erstmal eine Fallhöhe aufbauen. So genannte Fieslinge zu spielen, macht schon Spaß. Einfach schon deshalb, weil ich anders erzogen wurde. Man versucht ja immer, gegen sich selbst anzuspielen. Und deswegen fühle ich mich in dieser Nische ganz gut aufgehoben.“ Dass es ihm in „Ganzer halber Bruder“ auch wieder gut gelungen ist, die Wandlung vom Ekel zum liebenswerten und verständigen Menschen darzustellen, bewiesen bei der Köln-Premiere die Standing Ovations, die insbesondere den beiden Hauptdarstellern im Cinedom entgegengebracht wurden. Auch Dominik Porschen lobte, dass diese Entwicklung im Film glaubhaft vermittelt werden konnte, besonders mit Hinblick auf die Tatsache, dass nicht chronologisch gedreht wurde.


Cast und Crew bei der Köln-Premiere im Cinedom, Foto: Frank Brenner

Funktionierende Chemie

Produzent Boris Schönfelder bedankte sich am Abend insbesondere bei der Film- und Medienstiftung NRW, von der Christina Bentlage persönlich anwesend war, die seine Arbeit schon seit vielen Jahren begleiten und unterstützen würde. Für Schönfelder ist dies nach „Rock My Heart“ der zweite Film, den er im Team mit Hanno Olderdissen als Regisseur und Clemente Fernandez-Gil als Drehbuchautor realisiert hat. Für Fernandez-Gil, der gemeinsam mit Olderdissen an der Internationalen Filmschule Köln ifs studiert hat, ist „Ganzer halber Bruder“ ein Herzensprojekt, weil er selbst einen Sohn mit Down-Syndrom hat. Dieser Background war Olderdissen bei den Dreharbeiten wichtig, wie er nach der Filmprojektion betonte: „Das gab mir eine große Sicherheit, weil Clemente uns beschützen würde, wenn etwas nicht im Sinne der Geschichte gewesen wäre.“ Die gut funktionierende Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern Christoph Maria Herbst und Nicolas Randel sei nicht von Anfang an da gewesen. Als die beiden sich in einem Kölner Café zum ersten Mal begegneten, sei Nico verwirrt gewesen, weil Herbst gar nicht so aussah, wie er ihn in seiner Rolle als König Julius in den beiden „Hui Buh“-Filmen im Gedächtnis hatte. Hanno Olderdissen schilderte das Kennenlernen folgendermaßen: „Die beiden mussten sich erst einmal beschnuppern, obwohl sie keine Hunde sind, wie einer der beiden betonte, und sind im Laufe der Zeit dann doch zu Brüdern geworden.“ Kurz bevor es zur großen Premierenparty ging, hatte Nicolas Randel auf der Bühne des Cinedom das letzte Wort: „Empfehlen Sie diesen Kinofilm weiter, geht x-mal rein und verbreitet diese Nachricht im Internet und per Email!“ Ab Donnerstag, den 18. September, ist „Ganzer halber Bruder“ dann deutschlandweit in den Kinos zu sehen.


Prall gefülltes Premierenkino, Foto: Frank Brenner
Frank Brenner

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Neue Kinofilme

Downton Abbey: Das große Finale

Lesen Sie dazu auch:

Jung-Bäuerinnen bei der Arbeit
„Milch ins Feuer“ im Odeon – Foyer 08/25

Im Abschiebegefängnis
„An Hour From the Middle of Nowhere“ im Filmhaus – Foyer 06/25

Über die Todesangst
„Sterben ohne Gott“ im Filmhaus – Foyer 03/25

Mit Trauer umgehen
„Poison – Eine Liebesgeschichte“ im Odeon – Foyer 02/25

Bittersüße Dystopie
„Ein schöner Ort“ in der Aula der KHM – Foyer 01/25

Zeit-Fragen
Symposium der dokumentarfilminitiative im Filmhaus – Foyer 01/25

Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24

Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24

Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24

Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24

Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24

Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24

Foyer.