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Die vertriebene Journalistin Samar Yazbek
Foto: Muhsin Akgün

Die Wurzeln des Terrors

10. Dezember 2015

Die Autorin Samar Yazbek sprach am 8.12. über im Literaturhaus Köln über Syrien – Literatur 12/15

Im März 2011 begann die Revolution in Syrien als friedlicher Protest. Die syrische Schriftstellerin Samar Yazbek war darum bemüht, diese Ereignisse zu protokollieren. Sie befragte Beteiligte aus beiden Lagern – sowohl Demonstranten und Dissidenten, als auch Polizisten und Militärs. Dieses Vorgehen rückte sie bald selbst in den Fokus des syrischen Geheimdienstes, was Yazbek dazu zwang, mit ihrer Tochter nach Paris zu fliehen. Doch sie kehrte in den Jahren 2012 und 2013 wiederholte Male zurück in ihr von Krieg und Terror erschüttertes Heimatland. Im Gespräch mit Larissa Bender, die auch Yazbeks Romane übersetzt, erklärt sie, dass sie es als ihre Pflicht als Syrerin angesehen habe, trotz der großen Gefahr zurückzukehren.

In den westlichen Medien werde zwar berichtet, dass Syrien von verschiedenen Staaten bombardiert werde, über die Massaker des Assad Regimes würde jedoch nur unzureichend Bericht erstattet. Yazbek wollte das ändern, indem sie auf ihren gefährlichen Reisen durch Syrien sowohl mit Beteiligten der Freien Syrischen Armee, als auch mit den immer zahlreicher werdenden islamistischen Gruppierungen sprach. Zudem wollte sie den Menschen in ihrer Heimat helfen, die es nicht geschafft haben, zu fliehen. Sie errichtete eine Hilfsorganisation, die Frauen und Kinder insbesondere bei der schulischen Ausbildung unterstützen sollte. Im Jahr 2012, als sie selbst noch hoffnungsvoller war, sah Yazbek diese Art von Unterstützung als richtigen Weg an, um das Leben in Syrien trotz des Krieges irgendwie fortzusetzen. Es sei ein Weg gewesen, „Widerstand im Schatten zu leisten“. Doch der Krieg dauerte an, die Gewalt nahm zu und der friedliche Widerstand wurde zu einem Kampf gegen Windmühlen.

Ein authentischer Bericht aus einem vom Krieg zerstörten Land, Foto: David Gruber

Um die Welt über die Situation in Syrien zu informieren, schrieb Samar Yazbek „Die gestohlene Revolution“ als persönlichen und authentischen Augenzeugenbericht. Die Schauspielerin und Sprecherin Milena Karas liest an diesem Abend im Kölner Literaturhaus mehrere Passagen aus dem Buch vor, die eine beklemmende Atmosphäre vermitteln. So reist die Autorin durch eine Geisterstadt, die mal von 120.000 Menschen bewohnt wurde und spricht mit verschiedenen Soldaten der Freien Syrischen Armee, die immer wieder von Assads Truppen aus der Luft angegriffen wird. Yazbek gibt an, dass sie auf der Reise versucht habe zu verstehen, warum sich ihre Landsleute gegenseitig töten. Die Suche nach Antworten führt auch zu einem Gespräch mit einem Emir der Al-Nusra-Front, einer dschihadistisch-salafistischen Organisation, die der Terrorgruppe al-Qaida zugehörig ist. Er habe sich der Front angeschlossen, nachdem seine  ganze Familie ermordet wurde. Es ist eine einfache Gleichung: Hass erzeugt weiteren Hass. So habe der IS mittlerweile in Syrien einen „Staat im Staat“ errichten können, erklärt Yazbek.

Sie habe große Angst vor der Tatsache, dass die westliche Staatengemeinschaft Assad hat walten lassen, während das Land immer weiter im Strudel der Gewalt versunken ist. Yazbek sieht darin die Wurzel allen Terrors in der Welt: Ein verbrecherisches Regime mordet und die internationale Gemeinschaft sieht zu.

David Gruber

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