Auf dem Weltmarkt herrscht Unsicherheit: Mit Präsident Donald Trump ist eine protektionistische Wirtschaftspolitik ins Weiße Haus eingezogen – Trumps Zölle und die daraus resultierenden Handelskonflikte sorgen seit Monaten für Turbulenzen an den Börsen. Die Globalisierung scheint vorerst ausgebremst zu sein. Wirtschaftshistoriker fühlen sich an das Jahr 1930 erinnert: Das Smoot-Hawley-Zollgesetz sollte den geschwächten amerikanischen Landwirten helfen, doch die US-Partner reagierten mit Einfuhrbeschränkungen und Boykotten. Aus dem Handelskonflikt wurde schließlich ein Währungskonflikt, der die Weltwirtschaftskrise verschärfte.
Steht eine erneute globale Wirtschaftskrise oder gar ein Ende des Weltmarkts bevor? In der Reihe Vhs.Wissen Live spricht der Makroökonom Moritz Schularick über die deutsche Wirtschaftspolitik im Spannungsfeld von Zöllen und Kriegstüchtigkeit. Seit Juni 2023 ist Schularick Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, das sich mit Fragen zur Globalisierung auseinandersetzt. Die Sorge vor einer Wirtschaftskrise in Europa teilt das Institut nicht: Leiden würden unter den Zöllen vor allem die US-Wirtschaft und die amerikanischen Verbraucher, die Kosten für die EU seien dagegen überschaubar.
Die größere Bedrohung sieht Schularick in der militärischen Aggression Russlands. Er ist einer der Wirtschaftsexperten, deren Impulse in die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD eingeflossen sind – so beispielsweise die Steigerung des Verteidigungsetats auf 3,5 Prozent. In einer Agenda für die neue Bundesregierung forderte Schularick gemeinsam mit neun weiteren Expert:innen bereits im Februar europäische Antworten auf die außenwirtschaftlichen Herausforderungen. Dem Alleingang der USA müsse die EU einen verstärkten Einsatz für einen offenen Welthandel entgegensetzen und Handelsabkommen mit regionalen Gemeinschaften schließen, unter anderem in Afrika. Die Migrationspolitik solle darüber hinaus nicht von Abschottung, sondern von Chancenorientierung bestimmt sein.
Investitionen in die Sicherheit und die Wirtschaft sollten laut Schularick nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Außen- und Wirtschaftspolitik lassen sich nicht trennen“, sagte er so im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Europas Verteidigungsfähigkeit, technologischer Rückstand, geopolitische Stabilität – das sind alles wirtschaftlich hochrelevante Themen.“ Schularick plädiert für mehr Investitionen in Hochtechnologien und empfiehlt eine kurzfristige Finanzierung über Kredite. Auf diese Weise seien die Effekte für Unternehmen und Arbeitsmarkt besonders hoch.
Zwischen Zöllen und Zeitenwende – Wohin steuert Deutschlands Wirtschaft? | Mo 28.7. 19.30 Uhr | Zoom, Vhs.Wissen Live | www.vhs-wissen-live.de
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