Kein Traum, sondern ein Schlaf schafft Auswege aus der Katastrophe. „Der Nabel der Welt“ markiert die Verbindung zu einst behüteten Landschaften, in denen Leben möglich war. Doch die sind nunmehr Erinnerung. Die berühmteste Wahrsagerin der Antike – Pythia – sieht sich mit der Nutzlosigkeit ihrer Warnungen aber auch mit eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert und irrt rastlos durch die Zeiten. Selbst ein Opfer ihrer Rasse, sinkt die erschöpfte Seherin aus Delphi im Angesicht des Infernos brennender griechischer Wälder und heimsuchender Überschwemmungen zusammen. Als Flüchtende sucht sie das Reich des Schlafgottes Hypnos auf, um dort – am Rückzugort des Unterbewusstseins – Schutz zu finden.
Regisseur Kostas Papakostopoulos inszeniert das rund 75-minütige Stück aus der Feder des Dramatikers Fink Kleidheu im Saal der Alten Feuerwache bild-, sound- und wortgewaltig. Lisa Sophia Kusz mutiert in der Rolle der archaischen Priesterin mit orakelnder Verdammnis schließlich selbst zur Naturgewalt, die das Weltengefüge an den Kipppunkt zu führen vermag. Ihre Wut über die von Menschenhand verursachte Umweltzerstörung, die Leugnung des Klimawandels und der Groll über das seit Jahrtausenden blind herrschende Patriarchat setzt Laute frei, die eine Welt der Träumenden aus ihren Zuständen reißt. „Zu Recht wehrt sich die Erde gegen Raubbau, Maßlosigkeit, Vernichtung – und der Befall des Menschen wird einfach ausgeschwitzt“, folgert die Prophetin, ohne sich ihrer Begabung bedienen zu müssen.
Der Nabel der Welt | P: Deutsch Griechisches Theater / Theater Bonn | 17., 18.1. | Comedia Theater | 0221 42 12 83
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