Bunt, billig, brotlos. Nun, das ist nicht despektierlich gemeint. Die Kunst-Messe „Kölner Liste“ direkt neben den heiligen Übergangs-Hallen des Kölner Schauspiels ist ein wenig von allem, ohne natürlich einer selbst gewählten Anspruchslosigkeit zu frönen. Die Zahl der Aussteller konnte mit 84 Galerien und Künstlern aus 15 Ländern fast verdoppelt werden. Und nach den drei tollen Tagen im Carlswerk ist klar, mit über siebentausend Kunstinteressierten, Sammlern und Multiplikatoren hat sich die Messe, die zeitgleich zur Art Cologne stattfand, als neues Kunstmesseformat im Rheinland etabliert. Inhaltliche Neuerungen wie die Photography und die Urban Art Section, aber auch die für Absolut Wodka gestaltete Art Bar sind vom Publikum angenommen worden. Das ehemalige Industrieareal für Seekabel ist eine adäquate Umgebung für Kunst zwischen kackenden Kötern und den zeitgenössischen digitalen Computer-Artprints.
Aufgefallen sind mir Rolf Blumes Abstandshalter in der Artist Section, der Hannoveraner Architekt hatte Spazierstockartige Assemblagen an der Wand, ein designter Materialmix zwischen dem silbrigen Innern einer Thermosflasche und dem Außen eines bunten Wollknäuels. Skulpturen, Objekte, Bildhauer, auch Jörg W. Schirmer mit seinen überzeichneten bunten Figurenbronzen lässt im Vorbeigehen am Stand der Galerie Klose aus Essen schmunzeln, wie auch die bereits erwähnten kackenden Hunde von Richard Lucas Philip von Haerth an dessen eigenen Stand.
Die Halle ist gut gefüllt, unspektakulär kleinteilig, aber dafür zumindest überschaubar. Mittendrin eine Papiertüte auf zwei Beinen aus Litauen vom jungen Bildhauer Kestutis Svimelis und eine zauberhafte Graphitarbeit mit Pigment des Chinesen Yunyao Zhang, die die Galerie Don aus Shanghai mitgebracht hat. Die dürften die weiteste Anreise unter den Galeristen gehabt haben. Aufgefallen sind auch ein paar Adaptionen von Stefan Balkenhol. Balkenhol? Nein, ein junger Bildhauer aus Litauen hat eine verblüffend ähnliche Ästhetik in seinen Figuren, die allerdings wesentlich expressiver daherkommen. Edvardas Racevicius wurde erst Priester und dann Holzbildhauer, auch das sicher eine spannende Biografie, jedenfalls sind die Skulpturen einen zweiten Blick in Greifswald wert.
Im Mittelpunkt des Ganzen eine schicke Bar. Eine gerade eingestielte Kooperation mit Absolut Vodka. Einer Marke, die seit Jahrzehnten mit namhafter Kunst wirbt und in der Aluhalle des Carlswerks mit „Architekturen der Nacht“ vertreten ist. Das ist eine Installation des Berliner Künstlers Michele Ormas, eine luftige Mischung aus architektonischen Elementen, Lichtinszenierungen und einer Musikperformance. Stilisierte Weizenfelder symbolisieren die heiligen Inhaltstoffe der schwedischen Edelmarke, an deren optischer Erscheinung auch Keith Haring oder Andy Warhol bereits mitgewirkt haben. Wie allerdings die an einem sonnigen Nachmittag der Zustand ewiger Nacht suggeriert werden soll, erschloss sich mir nicht.
Die Ausschreibung für die vierte Kölner Liste startet bereits im August.
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