„Wir wollen auf Sicht fahren“, betont Ina Brandes, Nordrhein-Westfalens Ministerin für Kultur und Wissenschaft, mit Blick auf die Haushaltslage. „Das Ding ist“, sagt Barbara Fuchs, freie Choreografin aus Köln, „dass wir mit dieser Strategie gegen die Wand fahren.“ Das Verhalten des Ministeriums hat die Tanz- und Theaterszene in Panik versetzt. Die Ausschreibungen für die Förderungen sollten im November getroffen werden, so dass die Juryentscheidungen über sie im März 2025 vorgelegen hätten. „Wir haben Druck gemacht, es kam aber nichts“, beschreibt Barbara Fuchs die Situation der freien Szene in NRW.
Anfang Mai wurde die Entscheidung getroffen, das von den vier freien Ensembles im Bereich Kinder- und Jugendtheater, die bisher eine dreijährige Spitzenförderung von 80.000 Euro erhalten hatten, nun jedes 30.000 Euro bekommen sollte. Diese Entscheidung kam dann offenbar selbst der Ministerin fragwürdig vor. Nach weiteren Überlegungen erhöhte sie die Summe auf 60.000 Euro. Unabhängige Juryentscheidungen wollte man sich sparen, es war ja schon Zeit genug ins Land gegangen. So fiel die Auswahl einfach auf die vier Ensembles – Tanzfuchs-Produktion (Köln), Pulk Fiktion (Köln), Echtzeit-Theater (Münster) und Toboso (Essen) –, die die Förderungen seit 2019 bekommen hatten. Ein Verfahren, das selbst den so Begünstigten obsolet erschien. Es wird also eine Jury berufen werden müssen, die Empfehlungen ausspricht.
Nun stünden die Entscheidung für die geringere Konzeptionsförderung und die Projektförderung an. Allseits befürchtet wird, dass auch diese den Rotstift zu spüren bekommen werden. Angesichts der enormen Zeitverzögerung stellt sich die Frage, ob man sich in Düsseldorf darüber im Klaren ist, wie in der freien Szene gewirtschaftet werden muss. Selbstausbeutung ist hier Grundvoraussetzung für die Arbeit. Und: Wie sinnvoll ist es, jene Kulturszene zu demolieren, um die uns die anderen Bundesländer beneiden, wenn die Einsparungen für die freie Theaterszene im Haushalt NRWs nur mit 540.000 Euro zu Buche schlagen?
Barbara Fuchs und Sounddesigner Jörg Ritzenhoff lassen die Ereignisse auf sich zu kommen. Ihr neues Tanztheaterstück „Bäääm“, in dem man die Schwingungen von Musik und Klangkörpern direkt auf dem Körper spüren kann, zeigen sie im Juni für ein hörendes und ein taubes Publikum in Köln.
Bäääm | 28., 29., 30.6. | Kölner Künstler:innen Theater | 0221 510 76 86
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