Köln bietet weit mehr Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause, als die meisten für möglich halten – das ist weniger verwunderlich, wenn man bedenkt, dass 30% der Stadtfläche aus Grünflächen und Waldgebieten bestehen, die 23 verschiedene Schutzgebiete beinhalten. „Bis auf die großen Raubtiere finden sich alle heimischen Säugetiere im Stadtgebiet. Es gibt Rothirsche im Königsforst und Dachse im Chorbusch. Ähnlich bei den Vögeln, allein auf dem Gelände des Flughafens leben knapp hundert Arten. Am Pescher See finden sie sogar Eisvögel“, weiß Sven Meurs. Der Tierfotograf geht nicht nur in Afrika, sondern seit mehreren Jahren auch vor der eigenen Haustür auf Safari. Seine Aufnahmen der Kölner Wildnis dokumentiert er mit seinem Projekt „Natürlich Köln“.
Nicht nur in den Randbereichen, auch im inneren Stadtgebiet haben zahlreiche Arten Fuß gefasst. Prominenteste Beispiele sind etwa die inzwischen allgegenwärtigen verwilderten Halsbandsittiche und die Stadtfüchse, die mittlerweile vor allem Nachtschwärmern ein vertrauter Anblick sind. Weiterhin brüten Greifvögel auf Industrieschornsteinen, Graureiher sind regelmäßige Gäste am Aachener Weiher.
Die Gründe für den tierischen Zuzug nach Köln sind ebenso vielfältig. „Seit die Tollwut in Deutschland eingedämmt wurde, hat die Fuchspopulation stark zugenommen“, erklärt Michael Hundt, Förster beim Amt für Landschaftspflege und Grünflächen. „Auf dem Land werden sie bejagt, in der Stadt ist das jedoch nicht möglich, da bleibt nur der Straßenverkehr als ‚natürlicher’ Feind.“ Natürlich lockt auch das hohe Nahrungsangebot der Großstadt Tiere in die Zentren. „Füchse sind Nahrungsopportunisten und die Mülleimer nach Fressbarem abzuklappern, macht eben weniger Mühe, als selbst zu jagen“, sagt Meurs.
Ein Konzept, wie mit der städtischen Artenvielfalt umzugehen ist, fehlt bei der Stadt Köln zurzeit. „Es ist sehr schwierig, da steuernd eingreifen zu wollen“, meint Hundt. „Das sind natürliche Prozesse, die sich ständig wandeln und bei denen uns letztlich die Hände gebunden sind.“ Die Aufgabe übersteige die Kapazitäten der Stadt, die daher auch auf die Mithilfe engagierter Privatpersonen mit großem Spezialwissen angewiesen sei.
Diese sind etwa in Naturschutzverbänden wie dem NABU oder dem BUND zu finden, die auch in Köln zahlreiche Projekte betreiben, die zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. „Wir werten etwa städtische Grünflächen auf, indem wir dort ursprünglich in der Region heimische Pflanzenarten ansiedeln“, sagt Holger Sticht, Vorsitzender des Landesverbands NRW des BUND. Auch verschiedene Streuobstwiesen werden von Mitgliedern des Vereins gepflegt. Obwohl er die Zusammenarbeit mit den Ämtern der Stadt lobt, vermisst er die Unterstützung der Politik. „Für die beiden großen Parteien im Kölner Rat ist das Thema Artenvielfalt immer noch ein Buch mit sieben Siegeln“, so Sticht.
Auch Sven Meurs möchte ein größeres Bewusstsein für die Wildnis in den Hinterhöfen schaffen, weshalb er mit seinen Bildern regelmäßig Vorträge hält – so auch wieder am 17. Oktober im E-Werk.
Vortrag Sven Meurs: „Natürlich Köln“ (im Rahmen von Abenteuer Welt Köln) | Sa 17.10. 14 Uhr | E-Werk | www.abenteuer-welt.koeln/index.php/abenteuer-welt-im-e-werk/multimediavortrag/samstag-17-10-2015.html
Aktiv im Thema
www.landwirtschaft-artenvielfalt.de/
www.weltagrarbericht.de/
www.arc2020.eu | Zivilgesellschaftliche Gruppe die neue Konzepte für EU-Agrarpolitik entwickelt
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
GEMEINWOHL – Der Neoliberalismus frisst seine Kinder?
(Thema im November)
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