
The Secret Agent
Brasilien, Frankreich, Niederlande, Deutschland 2025, Laufzeit: 140 Min.
Regie: Kleber Mendonça Filh
Darsteller: Wagner Moura, Gabriel Leone, Maria Fernanda Cândido
Originell-unterhaltsame Zeitreise
Unter Haien
„The Secret Agent“ von Kleber Mendonça Filho
Der Brasilianer Kleber Mendonça Filho war zunächst Journalist und Filmkritiker, ehe er sich in den 1990er Jahren auf seine Karriere als Filmemacher zu konzentrieren begann. Schon mit seinen ersten Kurzfilmen war er auf internationalen Filmfestivals erfolgreich und konnte Preise gewinnen. 2008 entstand mit „Crítico“ ein erster Langfilm, in dem er sich dokumentarisch mit Filmkritikern und Regisseuren beschäftigte. Seinen internationalen Durchbruch feierte Mendonça Filho 2012 mit „Von großen und kleinen Haien“, für den er u.a. in Rotterdam, São Paulo, Oslo und Toronto ausgezeichnet wurde. Einige seiner danach entstandenen Arbeiten, wie „Aquarius“ und „Bacurau“, wurden danach auch hierzulande als VoD oder beim Fernsehsender arte ausgewertet. „The Secret Agent“ ist nun sicherlich sein ambitioniertestes Werk, ein elegisches Porträt des Brasiliens in den späten 1970er Jahren, in der Hauptrolle mit Wagner Moura („Narcos“) prominent und publikumswirksam besetzt, und beim diesjährigen Filmfestival in Cannes gleich vierfach prämiert, u.a. für die beste Regie und den besten Hauptdarsteller. Der fast dreistündige Film erfordert vom Publikum eine hohe Aufmerksamkeit, kann einen mit einer spannungsvollen und wendungsreichen Geschichte aber auch schnell in seinen Bann ziehen.
Der Technologieexperte Armando (Wagner Moura) muss 1977 untertauchen und kehrt in seine Geburtsstadt Recife zurück. Dort kommt er im Haus der resoluten Dona Sebastiana (Tânia Maria) unter, die etlichen „Flüchtigen“ Unterschlupf gewährt. Unter falschem Namen bekommt er einen Job auf einem Amt, freut sich darüber hinaus, endlich seinem kleinen Sohn Fernando wieder näher zu sein, der nach dem Tod der Mutter bei deren Eltern aufwächst. Aber der zwielichtige Ghirotti (Luciano Chirolli) hat mit Armando noch eine Rechnung offen und setzt zwei Auftragskiller darauf an, diesen ausfindig zu machen und aus dem Weg zu räumen.
Insgesamt ist „The Secret Agent“ eigentlich ein klassisch aufgebauter Spannungsfilm, der immer mal wieder in den Zeiten hin- und herspringt und nach und nach auch eine Rahmenhandlung im Hier und Heute einführt, in der sich zwei junge Frauen mit den Ereignissen von damals beschäftigen. Darüber hinaus gibt es aber auch immer wieder Szenen, die man in dieser Form nicht erwarten würde und die Kleber Mendonça Filhos skurrilen Sinn für Humor ersichtlich machen. Dazu zählt bereits die Eröffnungssequenz an einer Tankstelle im Nirgendwo, vor allem aber auch eine Szene im letzten Drittel, in der das abgetrennte Bein eines Menschen wie ein comic-haftes Filmmonster nachts durch einen Cruising-Park stampft und die Männer verschreckt, die sich dort für ein Stelldichein getroffen haben. In diesen Momenten ist „The Secret Agent“ völlig unberechenbar und originell, was seinen generellen Unterhaltungsanspruch noch zusätzlich unterstreicht. Aber auch ohne diese Einsprengsel hat die Story und Mendonça Filhos Inszenierung genug Potenzial, um einen unterhaltsamen Kinoabend zu garantieren.
Cannes 2025: Beste Regie, Bester Darsteller (Wagner Moura), FIPRESCI-Preis, AFCAE-Preis
(Frank Brenner)

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